Erna Berger im Portrait
„Sie ist durch und durch Musik... Sie ist die Beste, die wir haben.“, Wilhelm Furtwängler über Erna Berger
Mit Erna Berger, einer der größten Koloratursopranistinnen des vorigen Jahrhunderts möchten wir eine neue Reihe über Sänger, die unseren kleinen Opernstars ihre Stimmen leihen, beginnen.
Erna Berger ist aus unserem Opernbetrieb nicht mehr weg zu denken, singt sie doch gleich in drei Opern unseres Repertoires eine der Hauptrollen: in der „Zauberflöte“ die Königin der Nacht, im „Rigoletto“ die Gilda und in „Hänsel und Gretel“ die Gretel.
Foto: Erna Berger als Königin der Nacht.
1900 wurde die Kammersängerin in Cossebaude bei Dresden geboren und lebte dort während ihrer Schulzeit bei ihren Tanten, da die Eltern beruflich bedingt in Afrika weilten. Die Hofschauspielerin Auguste Diacono und die Operndiva Elisabeth Rethberg entdeckten früh Erna Bergers gesangliches Talent und rieten ihr, ihre Stimme ausbilden zu lassen. Daraus wurde aber zunächst nichts. 1920 musste sie mit ihren Eltern nach Paraguay übersiedeln, wo sie als Erzieherin arbeitete.
1924 hatte sie dann genug Geld beisammen, um nach Europa zurückkehren zu können. Auf dieser langen Schiffsreise war es, als sie quasi ihr erstes Engagement bekam.
Sie reiste aus Kostengründen in der 3. Klasse, sang aber immer wieder im Musiksalon für 5 deutsche Damen Lieder von Schubert, Schumann und Brahms. Als sie der Stewart irgendwann nicht mehr in die 1. Klasse lassen wollte, bezahlten ihr kurzerhand die 5 Damen das Ticket für diese gehobenere Klasse. Das war sozusagen ihr erstes Honorar.
Zurück in Dresden ging ihre Karriere steil nach oben. 1925 debütierte sie an der Dresdner Staatsoper als einer der drei Knaben in Mozarts „Zauberflöte“.
Sie sang auf allen großen Bühnen der Welt wie Bayreuth, Berlin, London, New York, Salzburg, Wien, Paris, Barcelona oder Rom. Zu ihrem Repertoire gehörten u.a. das Ännchen im „Freischütz“, Blondchen und Konstanze in der „Entführung aus dem Serail“, die Königin der Nacht und Papagena in der „Zauberflöte“, Gilda in Verdis „Rigoletto“, Zerlina im „Don Giovanni“ und die Barbarina in „Figaros Hochzeit“.
Die Kritiker überschlugen sich mit Superlativen wie „ein wahres Stimmwunder“, „eine lebende Legende“, „der Inbegriff des Koloratursoprans mit dem Geheimnis der ewigen Jugend“.
Ihre besondere Liebe galt dem Lied. Selbst 80-jährig, als sie anlässlich ihres Geburtstages ein Fernsehinterview gab, sang sie Schuberts „Im Abendrot“ noch immer mit einer wunderbaren Intonierung und Phrasierung.
Was sie Zeit ihres Lebens auszeichnete, war, dass sie auch in den höchsten Tönen noch zu einem lyrischen Legato fähig war.
Zweifelsohne war Erna Berger mit einem einzigartigen musikalischen Talent gesegnet, aber gleichzeitig war ihr Sangesleben immer bestimmt von ihrem Wunsch nach musikalischer Perfektion.
Befragt von August Everding in der Sendung Da Capo aus dem Jahr 1986, wie sie denn an ihre Rollen herangehe, wenn sie sie einstudierte, antwortete sie:
„Erst hab' ich mal das Gerippe studiert, also Technik, Technik, Technik und Vorbereitung. Ich bin nie vom Wort ausgegangen, sondern immer von der Linie, also von der Gesangslinie..... Wenn man dann nur die Gesangslinie hat und die Worte darauf synchronisiert, das habe ich auch immer meinen Schülern gesagt, dann gelingt das, dann kommt von alleine das Legato und man versteht den Text.“
Ebenfalls in der Da-Capo-Sendung plauderte sie aus dem Nähkästchen über die Einspielung der Zauberflöte unter dem Dirigat von Sir Thomas Beecham aus dem Jahr 1937, eben der Aufnahme die wir bei unseren Aufführungen verwenden.
Erna Berger war bei den Studioaufnahmen nicht zugegen und ihr Part musste später dazu geschnitten werden. Da die Einspielung schon fertig war, musste sie sich mit ihrem Gesang nach den dirigierten Tempi richten, was sich als gar nicht so einfach herausstellen sollte. Berger sang immer relativ schnell, um – ihrem wunderbaren Legato geschuldet – nicht zwischenatmen zu müssen. Ganze sieben Aufnahmen benötigte sie, um ihren Part „passgenau“ zur vorhandenen – für Berger langsam dirigierten - Einspielung zu singen.
Ihren persönlichen Anspruch an eine gesangliche Interpretation fasste sie einmal so zusammen: „Man muss in ein kleines Lied von drei Minuten Dauer genauso viel Intensität der Gestaltung legen wie in eine ganze Opernpartie von eben so viel Stunden Dauer...“
Wir freuen uns jedes Mal ganz besonders, wenn die wunderbare Stimme von Erna Berger in unserem Opernhaus erklingt. Sie war einfach eine ganz, ganz Große!